Wieviel Geld ist wenig, wieviel ist viel? Gedanken des Redakteurs

Auch als Mensch mit Handicap hat man so seine Sorgen mit dem lieben Geld. Das am Ende des Geldes noch sehr viel Monat übrig ist, das ist vielen Menschen nicht einsichtig. Weder den „normalen“Menschen, die nicht mit Geldproblemen leben müssen, noch den Politikern oder manchen Verantwortlichen bei Ämtern, Krankenkassen und anderen Einrichtungen. Ob mal eben 400€ viel Geld ist oder wenig, das muss man auch einmal aus anderen Positionen erleben. Und ich glaube, Politiker haben das noch nie austesten müssen. Anders kann ich mir viele Entscheidungen nicht erklären.

Auch Geringverdiener, die mal gerade über dem H4-Satz liegen, die haben die gleichen Probleme über die ich hier reden möchte.

Ich rede hier über die Menschen mit Behinderungen, die nicht mehr arbeitsfähig sind oder aufgrund Ihrer Behinderung keine Arbeit mehr finden können. Wie im vorherigen Post als Beispiel. Natürlich könnte man ja auch Rente bekommen, sei es Erwerbsunfähigkeitsrente oder Altersrente. Bekommt man zu hören. Das stimmt,aber viele kranke oder behinderte Menschen erfüllen die Vorraussetzungen für eine Rente nicht oder nur für eine Kleinstrente. Diese Rente wird dann aber auch angerechnet.

Schauen wir uns doch erst einmal an, was ein Schwerbehinderter Mensch an Geld bekommt. Hier gehen wir davon aus, das er keinen oder nur wenig Anspruch auf Rente hat, oder Mitglied einer H4 Bedarfsgemeinschaft ist. Ich habe hier eine kurze Tabelle von gegen-hartz.de :

Am Regelsatz (ab 2018 416,- Euro für Alleinstehende) scheiden sich die Geister: Jeder Betroffene weiß, dass die Summe kaum ausreicht, um einen Monat vernünftig zu überstehen, von Zukunftsplanung mal ganz abgesehen. Das sagen auch die Sozialverbände, die mindestens 150,- Euro zusätzlich im Monat fordern. Das Bundesamt für Statistik und die Jobcenter sind anderer Meinung. Weil sich der Regelsatz am Einkaufsverhalten der Durchschnittsbevölkerung orientiert, sei alles in Ordnung.

Jobcenter: so sollst du deinen Hartz 4-Regelsatz verwenden
Neben den Mietkosten, die dir zusätzlich gezahlt werden, musst du als Alleinstehender mit 416,- Euro monatlich leben. Unsere Auflistung zeigt, wofür dir wieviel zur Verfügung steht (Werte gerundet):

„Essen und Trinken“ – ca. 31% (130,- Euro)
„Spaß und Freizeit“ – ca. 12% (50,- Euro)
„Internet, Telefon, Post“ –ca. 9% (40,- Euro)
„Kleidung“ – ca. 9% (39,- Euro)
„Strom und Haushalt“ – ca. 8,5% (35,- Euro)
„Sonstige Einkäufe“ – ca. 7,5 % (30,- Euro)
„Bus & Bahn, Auto“ –ca. 6% (26,- Euro)
Gesundheitspflege“ – ca. 4% (18,- Euro)
„Restaurants, Hotels“ –ca. 2% (8,50 Euro)
„Bildung und Lernen“ –ca. 0,5% (1,50 Euro)

Bei den Zahlen ist zu beachten, dass man nur 374,- Euro monatlich hat, wenn man mit einem Partner zusammenlebt. Das ist wenig. Das Beispiel Bildung zeigt, wie ungerecht die Verteilung ist. Die Politik fordert mehr Bildung, um aus der Armut zu gelangen. Die 1,50 Euro, die dafür zur Verfügung stehen, reichen aber gerade mal für ein Buch im Jahr.

Dieses ist der Regelsatz in Hartz4, dem SGBII. Dieser gilt auch als Grundlage für die Grundsicherung im SGBXII, als für Ältere, Behinderte und nicht arbeitsfähige Menschen. Wenn man „Glück“ hat, dann bekommt man noch einen Zuschlag von 17 %, also 70,72 €, aber nur wenn man auch ein „G“ im Schwerbehindertenausweis hat. Sonst nicht. (Nicht nur „G“ehbehinderte Menschen haben besondere Kosten.) Es „kann“ auch einen kleinen Mehrbedarf bei besonderer Ernährung geben, aber das muss erst einmal extra beantragt und genehmigt werden.

Nun kommen wir doch einmal zu den Ausgaben:

Abgesehen von der obigen Aufzählung haben Menschen mit Handicap auch noch mehr Ausgaben. Wer als chronisch Krank eingestuft wird kann sich von den Zuzahlungen in der Apotheke befreien lassen. Das betrifft meistens Medikamente.Trotzdem verlangen die Krankenkassen Zuzahlungen bei vielen Hilfsmitteln. Nehmen wir ein Beispiel:

Rollifahrer aber auch bei anderen Menschen ist Krankheitsbedingt die Inkontinenz ein großes Problem. Viele Krankenkassen zahlen die durch Rezpt verordneten Hilfsmittel. Wenn man die 08/15 Standardversorgung nimmt, dann braucht man auch nihts hinzu zahlen. Leider ist diese Standardversorgung eben nur Standard und nicht immer sehr hilfreich, sodass man ganz schnell „leckt“ oder unangenehm in der Nässe sitzt,liegt,etc.. Da Wohlfühhlen auch ein Grundrecht ist, nimmt man dann eine Lösung, die nicht 08/15 ist. Auch diese Lösungen haben die Zentralversorger der jeweiligen Krankenkasse vorrätig. Nicht alle, aber immerhin. Und da muss der Kranke/Behinderte Mensch dann durch Zuzahlungen wieder in die Tasche greifen.

Anderes Beispiel: Der Regelsatz für Lebensmittel und für Strom ist nicht sehr hoch. Ein Mensch sollte sich gesund ernähren. Vor allem, wenn er schon Proleme hat. Reicht der Satz für „normale“ Menschen kaum aus, ist eine gesunde Ernährung für Menschen mit Handicap wenig möglich. Ein Mesch mit Handicap muss ein Verlassen seiner Wohnung genau planen. Sei es für einen Arzt-/Behördenbesuch, einen Einkauf oder einfach nur so. Also bleibt der Mensch oft zuhause und verbraucht dadurch mehr Strom .

Ich könnte sie Liste sicherlich noch sehr viel weiter fortführen. Wir wollen es aber einmal dabei belassen.

Ich bin mir sicher, das 400€ aus jeder Sicht anders beurteilt werden kann. Ich bin mir auch sicher, das noch kein Entscheider, egal welcher Art, auf das Existenzminimum angewiesen war. Selbst Menschen mit Hanicap, die in Politik oder Behörden arbeiten können richtig nachvollziehen, wie es sich mit Existenzminimum lebt. Ich möchte als Beispiel nur den neuen Bundestagspräsidenten nennen. Auch der wird es sich nicht vorstellen können und war doch an der Erstellung des Regelsatzes beteiligt.

Ich frage mich, wie eine richtige Inklusion stattfinden kann. Inklusion bedeutet doch nicht nur Barrierefreiheit, Baumassnahmen, Schulinklusion. Nein, Inklusion bedeutet auch, das jeder Mensch, auch Menschen in der Grundsicherung am Leben gleichberechtigt und eigenverantwortlich Teilhaben kann. Und hier ist noch viel mehr zu tun um die Inklusion zu verwirklichen. Was nützen z.B. barrierefreie Theater, wenn der Mensch mit Handicap es sich nicht leisten kann, daran teilzunehmen.

Natürlich müssen sowohl die baulichen Barrieren als auch die Barrieren in den Köpfen der Menschen beseitigt werden, aber was nützt dieses, wenn die finanziellen Barrieren für Menschen mit Handicap so hoch sind. Solange man Menschen mit Handicap in die Armut treibt, solange kann es keine gleichberechtigte Teilhabe geben. Das betrifft nicht nur die Sozialkassen, Krankenkassen ,Jobcenter und Ämter, nein auch die Arbeitgeber sollten verstärkt herangezogen werden.

Kein Mensch mit Handicap, sei es körperlich, geistig Behindert oder Krank hat sich seine Situation ausgesucht. Keiner dieser Menschen kann seine Situation ändern, denn vieles ist nicht mehr reparabel. Sorgen wir durch unseren Kampf auch für eine ausreichende und gute Lebensgrundlage für diese Menschen, denn auch und vor allem das ist gute Inklusion.

(Kalle)

Der Redakteur

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